Klaus Hinrich Stahmer

Marsiada für Oboe solo (1977)

Besetzung: Oboe
Oboe
Dauer (h:m:s): 00:07:00
Schwierigkeitsgrad: 4=Schwer
Einzelblatt
Format: 21 x 29,7 cm
Seiten: 8
Gewicht: 98 g
Verlag Neue Musik / NM1689
ISMN: 9790203222163
ISBN: 9783733312671

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Marsiada gehört zu einer Reihe von Stücken, deren Inhalte und Stoffe der Sagenwelt der griechischen Antike entnommen sind. Angelegt wie kleine musikalische „Szenen“, folgen sie weniger den Gesetzmäßigkeiten motivisch-thematischer „Logik“ als einer am jeweiligen Stoff entwickelten Dramaturgie. Dementsprechend frei ist der Interpret in seinem Vortrag und in der Gestaltung. In „Marsiada“ kommt der musikalische Wettkampf zwischen dem Satyrn Marsyas und dem Gott Apoll zur Darstellung. Der Sage nach soll Marsyas den Doppelaulos vom Erdboden aufgehoben haben, den Athene weggeworfen hatte als sie im Spiegel gesehen hatte, wie entstellt ihr Gesicht beim Spielen des Rohrblattinstruments aussah. Dem Satyrn aus dem Gefolge des Pan schien dies indessen nichts auszumachen.
In kurzer Zeit brachte er es sogar zu einer gewissen Fertigkeit auf dem Aulos und fühlte sich alsbald animiert, den Gott Apoll mit seinem Leierspiel zum musikalischen Zweikampf herauszufordern. Doch dieser bestimmte nicht nur die Jury, wie man heutzutage die Gruppe der Schiedsrichter nennen würde, sondern änderte auch noch während des Wettkampfes das Reglement. Als er nämlich erkannte, dass der Herausforderer mit seinem von männlicher Kraft geprägten Spiel bei den weiblichen Juroren – hierbei handelte es sich um einige Musen aus dem Gefolge des Apoll – „punktete“, verlangte er kurzerhand, dass beide Spieler ihr Instrument um 180 Grad drehen und dann weiterspielen sollten, und nicht nur dies: Sie sollten dabei auch noch singen. Für den Leierspieler kein Problem, waren das Bedingungen, die der Aulosbläser nicht erfüllen konnte, und somit stand der Sieger fest. Der Unterlegene wurde auf grausame Weise bestraft – ein Topos, der in der
Kunstgeschichte immer wieder für abschreckende Darstellungen sorgte.

Diese Szene lässt der Oboist vor dem Hörer entstehen, indem er schon hinter der Bühne auf zwei Oboen gleichzeitig zu spielen beginnt, was insofern möglich ist, als beide Hände jeweils nur den oberen Teil des Instruments und damit den Tonvorrat rund um den Ton „h“ benutzen. Im weiteren Verlauf des Stücks legt er beim Spielen eines der beiden Instrumente zur Seite, um es gegen Ende des Stückes wieder aufzunehmen und das Stück in der Art des Anfangs zu beenden. Was sich musikalisch zwischen diesen Rahmenteilen abspielt, ist ein Gemisch aus kraftvoller und zuweilen auch unschöner Aulos-Melodik, durchsetzt mit kleinen rhetorischen Gesten, und aus Quartenpassagen. Letztere sind so zu verstehen, dass der Satyr das „pentatonische Geklimper auf ein paar Kithara-Saiten“ espressissimo nachzuahmen und con ironia zu karikieren versucht.