Lyrik und Virtuosität ergänzen und verbinden sich in Solo zu einem ausdrucksstarken Vortragsstück, dessen äußere Anlage von der Rhapsodie herkommt. In lockerer Folge reihen sich die unterschiedlichsten Bilder und Einfälle, bis eine spannungsgeladene “Erzählung” entsteht, die dem Spieler nicht nur viel technische Raffinesse abverlangt, sondern ihm auch viel Freiheit bei der individuellen Gestaltung der musikalischen Gedanken lässt. Sollten manche Passagen dem Zuhörer irgendwie bekannt vorkommen, liegt dies in der Absicht des Komponisten. Doch sind längst nicht alle Reminiszenzen Originalzitate, vielmehr wird hier im postmodernistischen Sinn mit motivischen Ähnlichkeiten und Assoziationen gearbeitet, die schnelle, chimärenhafte Gedanken, die einer nächtlichen Spukwelt entsprungen zu sein scheinen. Diese werden, bis sie sich nach und nach auflösen, vom stillen Pathos eingeholt und überrollt, welches den Grundgestus des ganzen Stückes ausmacht.
Klaus Hinrich Stahmer