Beschreibung

„Wir sind die Zeit“ für gemischten Chor mit obligatem Klavier entstand im Spätsommer 2024 im Hinblick auf den in 2025 bevorstehenden 80jährigen Jahrestag vom Ende des Zweiten Weltkriegs im Auftrag des Rundfunkjugenchores meiner Geburtsstadt Wernigerode.

Selbst noch in einer Zeit aufgewachsen, in der trotz aller politischer Spannungen die Prämisse „Von deutschem Boden darf nie wieder ein Krieg ausgehen“ eine der wenigen unantastbaren Gemeinsamkeiten zwischen Ost- und Westdeutschland war, empfinde ich die heute sich stetig verschärfende Kriegsrhetorik als äußerst besorgniserregend. Meine Textauswahl zu dem Stück spiegelt dies wieder: Augustinus, Bonhoeffer und Drewermann führen uns darin eindringlich unsere eigene Verantwortung vor Augen, deren wir uns bei jedem Tun, Reden und auch Denken bewusst sein sollten. Wenn Bonhoeffer den Frieden als das „große Wagnis“ bezeichnet, so meint dies, dass es Frieden nur geben kann, wenn wir uns bewusst für den friedlichen Weg entscheiden, ohne Bedingungen und Kompromisse. Dies fängt immer wieder und tagtäglich bei jedem einzelnen Menschen an. Kompositorisch bestand die Herausforderung darin, ein Stück zu schaffen, welches
das Thema in wenigen Minuten umsetzt und sangestechnisch von Jugendlichen zu bewältigen ist.
Im Anfangsabschnitt wird, inhaltlich auf Bonhoeffers Text Bezug nehmend, auch das Sprechen als klangliches und dramaturgisches Stilmittel eingesetzt. Der folgende, ca. 1.600 Jahre alte, mahnende Text von Augustinus, der aktueller nicht sein könnte, führt in einem kurzen Fugato zum Höhepunkt. Der Satz „Nur durch Frieden bewahren wir uns selber“ hat neben der angesichts heutiger Vernichtungsmöglichkeiten erschreckend wörtlichen Bedeutung eine mindestens ebenso wesentliche innere.
Und so werden wir im abschließenden, beruhigten Klangbild mit Augustinus‘ Worten aufgefordert, den Frieden zu lieben, und zwar in jeder Situation. Denn dies schließlich ist weit mehr und weit schwieriger, als ihn nur von anderen zu fordern.
C. René Hirschfeld