Die Fünf Gedichte aus ATEMWENDE von Paul Celan für Sopran solo (2022) entstammen dem ersten Zyklus des Gedichtbands Atemwende, erschienen 1967 im Suhrkamp Verlag. Das Bestreben einer Erneuerung seiner poetischen Sprachlandschaft beschrieb der Dichter bereits 1960, anlässlich der Verleihung des Georg-Büchner-Preises: „Dichtung, das kann eine Atemwende bedeuten.“ Die breite Anerkennung, die dieser Zyklus fand, ließ nicht lange auf sich warten, so schrieb zum Beispiel 1973 der Philosoph Hans-Georg Gadamer in seiner hermeneutische Arbeit „Wer bin Ich und wer bist Du?“, er sähe in diesen Gedichten einen „Höhepunkt der Celanschen Kunst“.

Der Reflexionsprozess dieser Gedichte führte zu einer radikalen Erneuerung der poetischen Sprache Celans und gewann eine noch nie dagewesene Stringenz: Es entstand ein flüssiges Netzgewebe von Metaphern, Assoziationen und Denkbildern, erreicht durch einen selbst gewählten Kristallisierungsprozess, mit vielschichtigen Bedeutungen und Nebenbedeutungen. Die Wortlandschaften der späteren Gedichte Celans öffnen immer neue Räume, stellen immer neue Fragen.

In meinen Vertonungen habe ich versucht, die besondere Sprache dieser Gedichte in klingende Räume zu transportieren, ohne zwingende Antworten bringen zu müssen: diese würden die einzigartige Struktur seiner Kristallstufungen eher stören. Daher ist der Zuhörer/die Zuhörerin hier angesprochen, frei durch die entstandenen Klangräume mit seinen/ihren Gedanken und Wahrnehmungen „zu schweben“ und seine/ihre eigenen Antworten individuell, für sich selbst zu finden. Die Fünf Gedichte aus ATEMWENDE von Paul Celan sind der Sopranistin Angelika Luz gewidmet.

Gabriel Iranyi